Wasserstreit endet zugunsten Deutschlands
Am 11. September hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-525/12 zugunsten Deutschlands entschieden. Das Verfahren drehte sich um die Auslegung des Kostendeckungsprinzips in der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und um die Frage, ob Wassernutzungen wie Aufstauungen oder private Entnahmen kostenpflichtig sind.
Aufgrund der Brisanz des Themas hatten sich Dänemark, Ungarn, Österreich, Finnland, Schweden und Großbritannien dem Verfahren als Streithelfer angeschlossen.
Hintergrund:
Die EU-Kommission erhob Ende 2012 Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, weil diese aus Sicht der Kommission die Verpflichtungen aus der Wasserrahmenrichtlinie (RL 200/60/EG) verletzt hatte. Bestimmte Wasserdienstleistungen werden in Deutschland, so wie in zahlreichen anderen EU-Staaten, von der Pflicht zur Kostendeckung nach dem Verursacherprinzip ausgenommen.
Die Kommission berief sich auf Art. 2 Z. 38 iVm Art. 9 WRRL (RL 2006/60/EG), wonach Wasserdienstleistungen alle Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art sind, die a) Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Oberflächen- oder Grundwasser und b) Anlagen für die Sammlung und Behandlung von Abwasser, die anschließen in Oberflächengewässer eingeleitet werden, umfassen.
Gemäß Art. 9 sollen die Kosten derartiger Wasserdienstleistungen unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips gedeckt sein, wobei aber auch geografischen und klimatischen Gegebenheiten Rechnung zu tragen ist und die Mitgliedstaaten beschließen können, bestimmte Arten der Wassernutzung von einer Bepreisung auszunehmen.
Urteil des Gerichtshofs:
Der EuGH legte die Bestimmungen der WRRL sowohl nach deren Wortlaut als auch nach ihrer Entstehungsgeschichte aus und kam zu folgendem Ergebnis:
Die Auffassung der EU-Kommission, dass auch die Aufstauung für Stromerzeugung aus Wasserkraft, Schifffahrt oder Hochwasserschutz und die Entnahme für industrielle Zwecke und den Eigenverbrauch kostenpflichtig seien, ist weder durch den Wortlaut der Richtlinie noch durch den Willen des Gesetzgebers gedeckt.
Die Klage der Kommission wird daher abgewiesen.
Begründung:
Die WRRL schreibt keine allgemeine Pflicht zur Bepreisung sämtlicher Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Wassernutzung vor und legt als Rahmenrichtlinie lediglich gemeinsame Grundsätze und einen allgemeinen Handlungsrahmen für den Gewässerschutz fest. Für eine vollständige Harmonisierung der wasserrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten bildet sie keine rechtliche Grundlage.
Außerdem zielt die RL vorwiegend auf die Erhaltung und Verbesserung der aquatischen Umwelt ab, der Schwerpunkt liegt auf der Güte der betreffenden Gewässer. Die Umsetzung dieses Hauptanliegens, nämlich Gewässerschutz und hohe Wasserqualität, soll unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips unter Berücksichtigung regionaler und lokaler Gegebenheiten erfolgen.
Die Kommission konnte nicht nachweisen, dass die mangelnde Kostenpflicht für Tätigkeiten wie Aufstauungen oder industrielle und private Entnahmen in jedem Fall negative Auswirkungen auf den Zustand des Wasserkörpers hat und somit den Zielen der Richtlinie zuwiderlaufen
Analyse:
Der EuGH folgt in seinem Urteil nicht den Schlussanträgen des Generalanwalts (siehe EU-Info 2/2014), sondern stützt sich in seiner Begründung v.a. auf die rechtliche Qualität einer Rahmenrichtlinie und auf das Subsidiaritätsprinzip, das sich in den Erwägungsgründen der WRRL findet. Insbesondere der Verweis auf den Vorrang nationaler Maßnahmen, die unter Berücksichtigung regionaler und lokaler Gegebenheiten umgesetzt werden, ist aus kommunaler Sicht zu begrüßen.
Das Urteil findet sich unter folgendem Link :
<link http: curia.europa.eu juris document _blank external-link-new-window>curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=9ea7d0f130dee141ba332d4e4a1eb0c3a3fa3c8f14e5.e34KaxiLc3eQc40LaxqMbN4Ob3mLe0